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BNE für Hochschullehrende - (Weiter)Bildung für Nachhaltige Entwicklung an Universitäten in Österreich

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Die Umsetzung des SDG 4 der Vereinten Nationen erfordert es, Nachhaltigkeit in alle Bildungsebenen und Bildungsformen zu integrieren. Dies gilt nicht zuletzt auch für die Weiterbildung der Hochschullehrenden. In dem Beitrag wird berichtet, wie vielfältig strukturierter inner- und überuniversitärer Austausch sein und wie Weiterbildung in Form von Peer Learning wirksam werden kann.

Bildung, insbesondere Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE), spielt zur Umsetzung der 17 SDGs eine wesentliche Rolle (nicht nur bezogen auf SDG 4), steht jedoch vor Herausforderungen, die über bisherige Bildungsansprüche weit hinausgehen, weist doch das Nachhaltigkeitskonzept einige besondere Merkmale auf, die in Bildungsprozessen besondere Sensibilität erfordern. Was wir daraus ableiten, ist in der Folge kurz zusammengefasst (weitere Ausführungen: siehe Hübner et al. GAIA 1/2020 - https://www.ingentaconnect.com/contentone/oekom/gaia/2020/00000029/00000001/art00019 )

  • Normativität, ohne ideologisch zu werden
  • Zukunftsorientierung, ohne Zukunft vorzugeben
  • Gestaltungsorientierung, ohne in Aktionismus zu verfallen – und dennoch zu Aktionen, Handlungen und Aktivitäten mit transformativem Potenzial anregen

In den vergangenen Jahren gab es unzählige Bemühungen, Nachhaltigkeit in die Hochschullehre zu integrieren. Dies reicht von einer Nachhaltigkeits-Einheit im Rahmen einer bestehenden Lehrveranstaltung über die Entwicklung eines spezifischen Seminares bis hin zur Entwicklung entsprechender Curricula. Doch welche Kompetenzen brauchen Hochschullehrende, um Studierende Nachhaltigkeit zu vermitteln?

Im Rahmen der AG BNE der Allianz Nachhaltiger Universitäten Österreichs entstand eine Initiative zur Weiterbildung Hochschullehrender zum Thema Nachhaltige Entwicklung (Arbeitstitel: BNE-Z). Die Mitwirkenden an dieser Initiative nehmen an Weiterbildungsangeboten verschiedener Universitäten zum Thema Nachhaltigkeit und transformatives Lernen teil und werten ihre Erfahrungen gemeinsam in mehreren Arbeitstreffen im Anschluss aus. Ziel der Initiative ist die Konzeption eines Weiterbildungsangebotes zur Nachhaltigkeits- bzw. BNE-Qualifizierung von Hochschullehrenden, das von allen Allianzuniversitäten anerkannt wird (eine Art „BNE-Zertifikat“). Grundlage dieser Initiative sind die an einigen Allianz-Universitäten bereits gemachten Erfahrungen im Bereich der Nachhaltigkeits-Lehre. Was sich daraus ableiten lässt, wird in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift GAIA publiziert (Hübner et al. 2020). Gerne stellen wir hier kurz die dort zusammengefassten ersten Erkenntnisse dar.

Vermittlung und Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung betrifft alle Gesellschafts-, Fach- und Lebensbereiche und kann daher nur gelingen, wenn sie über disziplinäre Grenzen hinausgeht. Es sind also inter- und transdisziplinäre Zugänge zu entwickeln. Wie kann dies an Universitäten gelingen? Interdisziplinarität kann mittels eines Peer-Learning-Ansatzes gelingen, wenn ein strukturell bedingter Erfahrungsaustausch unter Lehrenden existiert, Peer Learning frei nach dem Motto: Von- und Miteinander lernen. An vier (zwei inner-, zwei interuniversitären) Fallbeispielen lässt sich zeigen, wie dies bisher in der Praxis österreichischer Hochschulen gelingt und welche Entwicklungsperspektiven sich eröffnen.

a) Inneruniversitärer Austausch

• Die „AG BNE an der BOKU“: Nachhaltigkeits-Kompetenzen der AbsolventInnen

Die Arbeitsgruppe Bildung für Nachhaltige Entwicklung (AG BNE der BOKU, seit 2015) setzt sich aus MitarbeiterInnen des wissenschaftlichen und des allgemeinen Personals sowie Studierenden zusammen. Schwerpunkte sind Fragen der Kompetenzen, die allen AbsolventInnen im Sinne einer transformativen BNE jedenfalls vermittelt werden sollen, Fragen der strukturellen Verankerung in den Curricula sowie der thematischen und didaktischen Gestaltung der Lehrveranstaltungen im Sinne der BNE (siehe: https://boku.ac.at/nachhaltigkeit/nachhaltigkeit-in-der-lehre/ag-bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung/).

In zahlreichen Studiengängen an der BOKU werden unterschiedlichste Aspekte der Nachhaltigkeit mit einer großen Bandbreite an unterschiedlichen didaktischen Formen an die Studierenden vermittelt. Die Mitglieder der AG BNE haben sich auf fünf Kernthemen der Lehre geeinigt (2017), um eine BOKU-interne Diskussion für ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit in der Lehre zu starten: Nachhaltigkeit begreifen, Systemverständnisse als Grundlage der Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeit als Wertekonzept, Nachhaltigkeit messen und Nachhaltigkeit fördern. Diese kollektive Erarbeitung von Kernthemen hilft dabei, das Nachhaltigkeitskonzept universitätsspezifisch lehr- und lerntauglich zu „profilieren“, ohne es zu verengen.

• „4-im-Team-Teaching und Satelliten“: Fakultäten übergreifendes Wahlfachmodul „Nachhaltige Entwicklung“ (AAU Klagenfurt)

Das Wahlfachmodul, im Jahr 2011 mit RepräsentantInnen aller Fakultäten an der AAU Klagenfurt entwickelt, wird seit 2012 jährlich durchgeführt und weiterentwickelt. Das Modul besteht aus einer Reihe von drei Lehrveranstaltungen über zwei Semester (Umfang: 12 ECTS) und ist als Lern- und Forschungswerkstatt konzipiert. Das Konzept sieht zwei Gruppen von Lehrenden vor: das vierköpfige interdisziplinär zusammengesetzte Kernteam (nimmt an allen LV-Blöcken teil, macht die gesamte Planung und Bewertung) sowie die „Satelliten“ (Lehrende aus allen Fakultäten, die an einem Block einen Gastinput machen).

Voneinander lernen findet in diesem Fall also in Form eines „Team teaching“ statt, das den Lehrenden einen Rahmen vorgibt, sich fokussiert auszutauschen. Es werden gemeinsam neue didaktische Elemente (die in der Folge oft auch in anderen LVen eingesetzt werden) sowie Kriterien für Outcomes und Bewertungen entwickelt.

b) Interuniversitärer Austausch

• AG BNE der Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich

Die Allianz Nachhaltige Universitäten in Österreich hat 2015 die „Arbeitsgruppe für Bildung für nachhaltige Entwicklung (AG BNE)“ eingerichtet. Regelmäßig (3-4 mal jährlich) treffen sich VertreterInnen der Universitäten Graz (KFU, TU, Kunst), Klagenfurt, Innsbruck, Salzburg, WU Wien sowie der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU). In der Arbeitsgruppe (Kernaufgaben siehe: http://nachhaltigeuniversitaeten.at/arbeitsgruppen/bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung/) werden Good-Practice-Beispiele und Lehrmaterialien im Bereich BNE ausgetauscht, bestehende Lehrangebote und Lehrmaterialien im Bereich BNE weiterentwickelt und verstärkt sichtbar gemacht (siehe: http://www.sustainicum.at/en/home). Weitere BNE-relevante Themen sind derzeit in Diskussion (bspw. BNE und Wirtschaftswissen, Bildungssysteme und Ökonomie).

• SDG 4-Teamwork im Rahmen des UniNEtZ-Projektes

Die Patenschaft für das SDG 4 im Rahmen des UniNEtZ Projektes (Stötter et al 2019) haben die Universität Klagenfurt und die Universität Innsbruck übernommen. VertreterInnen von 13 österreichischen Universitäten arbeiten gemeinsam mit BNE-relevanten Stakeholdern (z.B. VertreterInnen aus dem Bildungsministerium, den Pädagogischen Hochschulen, des Studierendenforums „Forum n“) im Team mit. Ein Positionspapier für ein gemeinsames Bildungsverständnis wurde bereits ausgearbeitet (siehe: https://www.uninetz.at/reflexionen/reflexionen/sdg-4-positionenpapier/), in dessen Zentrum das Konzept der transformativen Bildung steht.

Aufbauend darauf werden Optionen zur Umsetzung von SDG 4 erarbeitet sowie Wechselwirkungen zwischen den SDGs antizipiert, visualisiert und bewertet. Zu zwei der Optionen – 1) Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) in allen Hochschul-Curricula verankern und 2) entsprechende BNE-Weiterbildung für Universitätslehrende anbieten – wurden seitens der AG BNE bereits erste Schritte zur Umsetzung in Angriff genommen, die in der Folge kurz dargestellt werden.

Innerhalb der aktuellen BNE Literatur gibt es ein gemeinsames Verständnis über relevante Kompetenzen hinsichtlich einer Nachhaltigen Entwicklung bei allen Studierenden, die – unabhängig von ihrer Studienrichtung – zur Entfaltung zu bringen sind. Es wird einen Wandel in den Ausbildungsinhalten brauchen – dies betrifft auch die Weiterbildungsinhalte für Lehrende – und die Vernetzung von Disziplinen, um den großen Herausforderungen zu begegnen. Die in diesem Beitrag erwähnten Aktivitäten halten wir für erfolgsversprechende Schritte, die auch zu sogenannten „by-Products“ geführt haben, wie bspw. das Entstehen einer Hochschul-Lehrendengemeinschaft rund um BNE, die Verbesserung bzw. Weiterentwicklung einzelner Lehrveranstaltungen oder das Erschließen des Potenzials von GastprofessorInnen.

Die Vielfalt der inner- und interuniversitärer BNE-Initiativen und deren Vernetzung fördert “Voneinander und Miteinander Lernen“, stärkt das Profil eines transformativen Bildungsbegriffs, und erhöht die Sichtbarkeit und Anerkennung der BNE-Community sowohl universitätsintern als auch extern.

Literatur

Hübner R., Rauch, F., Weber, M., Lindenthal T.: Für Nachhaltigkeit bilden? Bildung für Nachhaltige Entwicklung für Hochschullehrende an Universitäten in Österreich. GAIA 29/1(2020): 70-72.

Jungmeier M, Rauch F, Hübner R, et al. (2016) Aporetische Konflikte – Lernpotenziale im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung Illustrationen am Beispiel nachhaltiger Regionalentwicklung. SoCience 1: 8.

Knapp R. (2008) Wholesome Design for Wicked Problems. Public Sphere Project. Public Sphere Project.

Murphy R. (2012) Sustainability: A wicked Problem. Sociologica Fasciolo 2: 23.

Stötter, J., Kromp-Kolb, H., Körfgen, A., Allerberger, F., Lindenthal, T., Glatz, I., Lang, R., Fehr, F., Bohunovsky, L. (2019): Österreichische Universitäten übernehmen Verantwortung: das Projekt Universitäten und Nachhaltige EntwicklungsZiele (UniNEtZ)., GAIA 28/2 (2019): 163 – 165.