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Das Jahr 2050 - Ein Blick in die Zukunft aus der Perspektive von SDG 7

Als Hauptergebnis ist im letzten Workshop des SDG7, unter Teilnahme von MUL, JKU, BOKU, TU Graz und AAU eine Vision für das Jahr 2050 entstanden, die die Randbedingungen für die Maßnahmen im SDG7 aufzeigen soll.

Die Maßnahmen werden derart gestaltet, dass sie in Übereinstimmung mit den Zielen der SDGs bis 2030 umgesetzt werden können. Innerhalb dieses Zeitrahmens ist es einerseits möglich, die vorgeschlagenen Maßnahmen zu implementieren und andererseits die Ergebnisse im Sinn von Meilensteinen festzustellen. Die Lebensdauer von Anlagen im Energiesektor wird häufig mit 20-30 Jahren angegeben. Bei den Klimaschutzzielen sollen daher nicht nur die kurzfristigen, sondern auch die mittel- und langfristigen Effekte der Umsetzung der Maßnahmen berücksichtigt werden (Connolly et al. 2016; Zhu et al. 2019). Daher wird zur Beurteilung der langfristigen Wirkung der Maßnahmen das Jahr 2050 als Ziel gesetzt, um bereits heute auf langfristige Sicht die richtigen Weichen zu stellen.

Neben den Gesichtspunkten, die für die Energieversorgung relevant sind, enthält die Vision für das Jahr 2050 auch wichtige Überlegungen, die ihre Integration in die Gesellschaft und Wirtschaft berücksichtigen.

2050

Im Jahr 2050 wird der Primärenergiebedarf zu 100 % aus erneuerbarer Energie gedeckt werden. Eine Energieautarkie wird allerdings nicht angestrebt. Ein Marktumfeld mit Import- und Exportströmen soll erhalten, bzw. geschaffen werden, um eine versorgungssichere, ökonomisch sinnvolle und zugleich effiziente Produktion, Nutzung und Speicherung von Energie zu garantieren. Die Energiebereitstellung erfolgt dabei unter dem Grundsatz „so zentral wie notwendig, so dezentral wie möglich“. Generell wird es vermehrt zu einer Elektrifizierung des Energiesystems kommen, vernetzte Smart Solutions werden dabei in allen Bereichen, von der Industrie bis hin zum privaten Haushalt, Einsatz finden. Die Effektivität und Effizienz des Energieeinsatzes wird durch eine kaskadische Nutzung sämtlicher Energien – auch sektorübergreifend – ein hohes Level erreichen.

Bis zum Jahr 2050 kommt es zu einer starken Urbanisierung. Die zunehmende Wohnungsnachfrage im städtischen Raum als auch im Umland wird vor allem durch Nachverdichtung gedeckt werden. Folglich wird es zu keiner neuen Flächeninanspruchnahme für die Errichtung von Wohngebäude mehr kommen müssen. Im städtischen Raum kann dadurch die Infrastruktur für Energie und Verkehr effizienter genutzt werden. Die Gesellschaft wird einem Wandel unterliegen. Sharing Economy wird alle Lebensbereiche beeinflussen. Shared Living, generationsübergreifendes Wohnen und die Inanspruchnahme von Gemeinschaftsräumen in Wohnquartieren wird dem Alltag entsprechen. Unter der Prämisse „Nutzen statt Besitz“ werden Gegenstände, Geräte und Maschinen des alltäglichen Lebens gemeinsam von mehreren Personen verwendet. Dadurch wird der Bedarf an Gebrauchsgütern gesenkt und der Energiebedarf zur Herstellung dieser Güter verringert. Im Zusammenhang mit der Mobilität wird der Besitzanspruch auf ein eigenes Fahrzeug insbesondere durch die Vorherrschaft des autonomen Fahrens minimiert. Der automatisierte Personen- und Warenverkehr wird mit in Summe mehr Fahrleistung bei weniger Fahrzeugen einhergehen und daher den Energieverbrauch des Individualverkehrs senken. Zugleich wird sich allerdings auch Mobilität im Umweltverbund durchgesetzt haben und ein Großteil der Mobilitätsaufwendungen öffentlich bewältigt werden. Ein zentraler Punkt wird auch die Steigerung der Suffizienz sein. Durch die Begrenztheit von Ressourcen, dem Klimawandel und dem drohenden Artenverlust wird sich der Lebensstil der Bevölkerung weg von einer Konsumgesellschaft hin zu einem bewussten und sparsamen Umgang mit Energie und Materialien entwickeln haben.

Die Stoffflusswirtschaft wird sich stark auf eine biogene Basis ausrichten und der ländliche Raum vor allem als Ressourcenquelle für Industrie, Lebensmittel als auch Rohstoffe dienen. Die Industrie wird sich von einem Massenproduzenten austauschbarer Güter hin zu einem Industriedienstleister mit fließenden Grenzen zum Dienstleister entwickelt haben. Dieser Wandel wird einerseits durch die Ansprüche der Kunden begründet sein und andererseits erst durch die höhere Automatisierung ermöglich werden. Auch in diesem Sektor wird die Energieeffizienz durch eine genauer abgestimmte Produktionsweise erhöht. Es wird für Fabrikarbeiter im traditionellen Sinn kaum mehr Arbeitsplätze geben, da diese durch automatisierte Produktion und Maschinen ersetzt werden. Knowledge worker, deren Kapital das Wissen darstellt, werden den Arbeitsmarkt beherrschen, was das Aufkommen des Personenverkehrs verringert bzw. auf die Telekommunikationswege verlagert. Diese Veränderung der Arbeitswelt wird auch eine Herausforderung an das gesellschaftliche System darstellen.

Literaturverzeichnis

Connolly, D.; Lund, H.; Mathiesen, B. V. (2016): Smart Energy Europe: The technical and economic impact of one potential 100% renewable energy scenario for the European Union. In: Renewable and Sustainable Energy Reviews 60, S. 1634–1653. DOI: 10.1016/j.rser.2016.02.025.

Zhu, K.; Victoria, M.; Brown, T.; Andresen, G. B.; Greiner, M. (2019): Impact of CO2 prices on the design of a highly decarbonised coupled electricity and heating system in Europe. In: Applied Energy 236, S. 622–634. DOI: 10.1016/j.apenergy.2018.12.016.