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Ungleichheit der Geschlechter – was jetzt getan werden muss

Die zentralen Themen von SDG 5 (Gender Equality) sind in Österreich seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, de facto unverändert und leider aktuell: Femizide (in keinem anderen europäischen Land werden mehr Frauen als Männer ermordet; 2021 wurden bereits 17 Frauen getötet - Stand: 30.7.2021, AÖF); die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter (Sorge-)Arbeit; die Gläserne Decke, durch die nach wie vor nur sehr wenige Frauen in Führungspositionen kommen können (und als Entsprechung auch die „leaky pipeline“ an Universitäten); die nach wie vor ungleiche Teilhabe von Frauen in Politik und Wirtschaft sowie Niedriglöhne für Frauen und ein im europäischen Vergleich besonders hoher Gender Pay Gap. Letztere Indikatoren für Ungleichheit der Geschlechter sind auch im aktuellen Global Gender Gap Report 2021 des World Economic Forum sichtbar. Zwar hat sich Österreich im Gesamtranking der 156 Staaten von Rang 34 auf 21 verbessert – hauptsächlich wegen der paritätischen Minister_innenriege (Indikator: Women in Ministerial Positions). Bei „Economic Participation und Opportunity“ liegt Österreich weit zurück, bei den Subindikatoren „Wage Equality for Similar Work“ und „Estimated Earned Income” auf den Rängen 103 bzw. 109. Der Gender Pay Gap wirkt sich in Konsequenz auch auf den Gender Pension Gap aus, der in Österreich bei rund 42 Prozent liegt. Diese Ausprägungen sozialer Ungleichheit sind grosso modo in den Unterzielen von SDG 5, den Targets, formuliert und abgebildet.

Auch die Lösungen und Hebel liegen auf dem Tisch: Die diskriminierungsfreie Bewertung von Arbeit, ein faires, paritätisches Karenzmodell, flächendeckende Kinderbetreuung und Ganztagsschulen und Information, Meinungs- und Bewusstseinsbildung, die einen Abbau der vorhandenen Geschlechterstereotypen zum Ziel haben.

Wenn also seit Jahren und teils Jahrzehnten die Themen und auch die Hebel von SDG 5 bekannt sind und auf dem Tisch liegen, warum bewegt sich dann nichts oder viel zu wenig?

Das liegt zum einen am Kontext und der Identität Österreichs, die sich von Ländern wie Island, Finnland, Norwegen oder Schweden - allesamt Vorzeigestaaten in Sachen Gender Equality (Global Gender Gap Report des World Economic Forum, 2021) - unterscheidet. Ausprägungen der Identität zeigen sich im Bewahren von Bewährtem und dem Stellenwert der (Re-)Traditionalisierung, die progressive Entwicklung und Wandel verhindert oder verlangsamt.

Ein Kulturwandel ist weder etwas, was über Nacht passiert, noch etwas, das exakt gemessen werden kann. Es sind vor allem Barrieren in Form von hartnäckigen Geschlechterstereotypen, die von der Gesellschaft (re-)produziert werden und den Wandel bremsen. Jede_r von uns ist an der Konstruktion von Geschlechterrollen beteiligt. Diese ziehen sich durch alle Bereiche unseres Lebens, ob bei der Auswahl des Studiums, des Berufs oder der Kleidung durch. Da uns vieles davon nicht bewusst ist, ist es zentral, diese Unbewusstheit bewusst zu machen – am besten durch entsprechend gendersensible und – orientierte Elementarpädagogik. Denn bereits im frühen Alter werden Kindern geschlechtsstereotype Berufswege, Verhaltensweisen und familiäre Rollen vorgegeben bzw. auch vorenthalten.

Es ist evident, dass zu einer nachhaltigen Systemänderung auch Männer eingebunden und adressiert werden müssen. Hier ist zunächst von großer Wichtigkeit, problematische und gewalttätige Ausprägungen von Männlichkeit zu benennen, um anschließend auf die Ebene der Lösungsorientierung zu kommen. Diese toxischen Ausprägungen zeigen sich auf mehreren Ebenen und wirken zerstörerisch – sowohl für das Individuum, als auch für die Familie, die Gesellschaft und die Umwelt. Eine Veränderung zu neuer, positiver und gewaltfreier Männlichkeit ist ein Schlüssel.

Gatekeeper und „Bremsklötze“ bei der Veränderung zu einer geschlechtergerechten und nachhaltigen Gesellschaft gibt es einige, hier ist auch Sprache ein Schlüssel. Aus diesem Grund sind insbesondere Medien in der Verantwortung Bilder, Texte und Inhalte inklusiv, wertschätzend und sensibel zu kommunizieren – über die Geschlechterbinarität hinaus. Denn Personen, die sich weder weiblich noch männlich verorten, stellen ebenfalls eine Gruppe dar, für die Geschlechtergleichstellung noch zu erreichen ist.

Eng mit Medien verbunden ist die Politik. Letzten Endes müssen Gender Equality Maßnahmen auch top-down erfolgen. Der politische Wille – und damit sind Bundes- und Landesregierungen, Sozialpartner und Interessensvertretungen adressiert - ist ein entscheidender Faktor in der Veränderung zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.